Fernando de Brito

Fernando de Brito in seinem Hamburger Atelier

Vita

1956geboren in Portugal
1969Umzug nach Hamburg
1974Werkkunstschule Hamburg
1976Studium Freie Malerei / Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg
1980Assistent Giuseppe Bertolazzi, Genova
1982Assistent Kenneth Noland, New York
1983Gründung Atelier Fernando de Brito, Hamburg
19861. Preis Sphinx, Polaroid-Works, Schweiz
2010Lehrauftrag AMD, Hamburg
2012-2015Lehrauftrag HAW Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg
seit 2018Mitglied Freie Akademie der Künste, Hamburg

lebt und arbeitet in Hamburg

Fernando de Brito, der an der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg studierte und danach unter anderem 1982 Assistent von Kenneth Noland in New York war, bedient sich im Zeichnerischen eines sehr strengen Repertoires an Vertikalen und Horizontalen. In einem Gespräch aus dem Jahre 2012 gibt er an: “die Linie bedeutet immer Kommunikation und das interessiert mich. Linie ist doch eine ganz ursprüngliche Kommunikation. Wir kennen das aus der Nautik, der Kartographie. In der Linie liegen die Anfänge der Zieldefinition des modernen Menschen. Hierüber haben wir gelernt uns zu bewegen.“

NAMES 2015 – AUDREY KATHLEEN HEPBURN RUSTON, Kugelschreiber auf Papier

NAMES 2015 – VIRNA LISI, Kugelschreiber auf Papier

So widmet er sich in seiner Werkreihe NAMES seit 1998 kontinuierlich „seismografischen“ zum Teil großformatigen Kugelschreiberzeichnungen, über die er sich Personen oder eher Persönlichkeitsstrukturen in Form von abstrakten „Portraits“ nähert. Die zunächst parallel angelegten Linien scheinen den Moment ihres Ausschlages, ihres Pulses selbst bestimmt zu haben, so lebendig, vibrierend und doch einer inneren Ordnung folgend, verlaufen sie über das Papier und bilden eine feine, gewebeartige Struktur, die den Bildraum öffnet oder vertieft.

Die Werke zeigen Brüchigkeit und Ambivalenzen – einer Person wie auch der Welt im Allgemeinen. Dieser Betrachtungsweise folgend, wird man sodann auf die neueste Werkreihe von Fernando de Brito übergeleitet. Mit seinen Werken SUNT LACRIMAE RERUM nach der gleichlautenden lateinischen Redewendung basiert er auf dem Schicksal des Aeneas, der seinen Vater aus dem brennenden Troja rettet und nach der erfolgreichen Flucht Rom gründen wird. Als der trojanische Held eines Tages ein Wandbild seiner zerstörten Heimatstadt sieht, stürzt ihm eine Tränenflut in die Augen und es fällt eines der gewaltigsten Worte der Antike: SUNT LACRIMAE RERUM – DIE WELT IST VOLLER TRÄNEN. Tränen, die so salzig sind wie das Meer und immer von einem leidgetränkten Schicksal erzählen.

SUNT LACRIMERA RERUM SFAX

SUNT LACRIMERA RERUM ANONYM

Fernando de Britos Werke zeigen feine wellenförmige Kratzer, die sich durch die matten Farbfelder ziehen. Die hochformatigen Bildträger sind fast zur Gänze von der wogenden Masse eines Meeres aus eingeritzten Linien überzogen. Nur ein schmaler Streifen am oberen Rand bleibt frei und gibt dem Blick halt. Fast könnte es ein Horizont sein, ein Stück Himmel über einem Wasser, das geradezu taktile Qualitäten besitzt. Würden wir mit der Hand über das Bild streichen wäre jede einzelne Woge zu erspüren – feine Verletzungen der Bildoberfläche, die auf abstrakte Weise eine Geschichte zu erzählen scheinen. Vom Bildaufbau ausgehend, muss es eine tiefgehende Geschichte sein, eine, die davon berichtet, wie das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Halse steht.

Auch in seinen übrigen Werken beschäftigt sich Fernando de Brito zumeist mit Menschen und ihren Geschichten und verarbeitet diese in weiteren Porträts. Die Werkgruppen „Masters“ und „Paare“ sind wesentliche Beispiele hierfür. Zum einen wendet sich der Künstler Arbeiten von Renaissance-Meistern zu. Hier kreiert er durch sein künstlerisches Einwirken neue Akzentuierungen und Blickachsen. Er schafft mit seiner Farbwelt eine zeitgenössische Zugangsebene und überführt die Altmeister erfrischend, aber auch sehr respektvoll in die Gegenwart. Zum anderen kreisen auch die monochromen Diptychen um den Menschen als Paar. Durch ihre Zweisamkeit entsteht eine eigene Ebene, eine eigene Geschichte. Diese versucht Fernando de Brito als einfarbige, flächige Ölbilder wiederzugeben. Man glaubt, alles erfasst zu haben, dem Künstler geht es jedoch nicht um das klar Ersichtliche, sondern um neue Denkanstöße in der Umsetzung, nicht in der Wiedergabe.

A.D. Madonna + KIND 2012

Diptych sundial – ASK MICHELANGELO, 2008, Pental Hybrid Gelstift auf Papier

LIAISON MATREMONI, 2008 – 2012

SONDAG